Die Begegnung mit einem ganz besonderen Geigenbauer

Der Hoffnung auf der Spur

Der Hoffnung auf der Spur
Foto: Christa Roth
Amnon Weinstein bringt in Tel Aviv Geigen verfolgter Juden wieder zum Klingen. Christa Roth und Titus Müller haben sich auf den Weg gemacht, um das Schicksal hinter einer der Geigen zu erfahren. Entstanden ist daraus eine ermutigende Spurensuche: zwischen den Schrecken des Dritten Reiches und Amnon Weinsteins täglicher Arbeit gegen das Vergessen.

„Hinabgestiegen in das Reich des Todes …“ Der Gedanke an diese Zeile aus dem apostolischen Glaubensbekenntnis muss mir beim zweiten Besuch in Amnon Weinsteins Kellerwerkstatt gekommen sein. Ich hatte eine Gänsehaut. Das Wissen um die vielen verstorbenen Besitzer der Instrumente flößte mir besonderen Respekt ein.


In Amnons Reich einzutauchen ist, als würde man einen geweihten Ort aufsuchen, der zugleich fast vor Emsigkeit zerberstet. Kaum ein Ruhezustand hält lange an. Es gibt zu viel zu tun. Und wer dem Treiben einige Zeit zuschaut, lernt schnell: Jeder Handgriff sitzt. Gesprochen wird nur das Nötigste.
Das erste Mal dort war ich 2013. Damals noch im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. Seitdem verbindet mich etwas mit Amnon. Er heißt jeden, wann immer es geht, willkommen. Nimmt sich Zeit, zeigt sich interessiert. Wenn ich länger nicht in Israel war, sehne ich mich danach, sein unverkennbares „Keine Probleme nicht, meine Liebe“ zu hören. Bei Amnon sind die Dinge nicht selten anspruchsvoll, aber immer machbar. Irgendwie.



In dem Jahr, als sein Vater starb, feierte meine Familie die Geburt eines kleinen Mädchens. Sehe ich darin mehr als bloßen Zufall? Keineswegs. Zumindest aber wurde mir bei dieser Recherche erneut deutlich, wie eng Freude und Leid beieinanderliegen, sich geradezu bedingen.

Wenn wir diese Instrumente wieder zum Leben erwecken, sie vor Publikum spielen und das vor Rührung weint, dann ist das der größte Beweis, dass die Nazis gescheitert sind.“
Amnon Weinstein



An einem Buch zu arbeiten, das die persönlichsten Seiten eines Menschen offenbart, ist nicht einfach. Das gilt insbesondere dann, wenn andere die eigene Privatsphäre beiseiteschieben, um an den Kern einer Geschichte heranzukommen. Das Buch über Amnon und eine seiner Geigen ist exakt so ein Werk.

Mit ihm unter die Oberfläche seiner Familiengeschichte zu geraten, stellt einen Balanceakt in diplomatischem Geschick dar. Was Teil der Erzählung Geigen der Hoffnung geworden ist, hat mitunter einen weiten Weg hinter sich … Doch nicht zuletzt ermöglicht das schöpferische Wirken dieses einzigartigen Geigenbauers, dass neben seiner Biografie auch die eines anderen Menschen Platz zwischen zwei Buchdeckeln findet. Und so der Geschichte über die Liebe zum Leben und zur Musik ein weiteres Kapitel hinzugefügt werden kann, ja: muss.
Christa Roth


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