Wahre Erlebnisse eines Feuerwehrmanns

Jörg Helmrich ist Branddirektor bei der Duisburger Berufsfeuerwehr. Wir haben uns mit ihm über sein Buch „Rettungsgasse“ unterhalten, in dem er Einblicke in die Arbeit der Feuerwehr gibt und von erlebten Einsätzen berichtet.

Wahre Erlebnisse eines Feuerwehrmanns
(c) Jan-Michel Casimir
Lieber Jörg, Kinder, vor allem Jungs, lieben die Feuerwehr. Ist für dich dein heutiger Beruf ein wahr gewordener Kindheitstraum?

Nein, das ist er nicht. Feuerwehrmann zu werden, hatte ich nie wirklich auf der Liste. Mit 14 formulierte ich das erste Mal einen Berufswunsch: Ich wollte Ingenieur werden – allerdings ohne eine Ahnung zu haben, was das sein könnte; es hörte sich einfach gut an. Außerdem war ich immer schon technisch interessiert. Und dann waren mein Vater, mein Bruder und mein Onkel allesamt Elektriker – keine Ahnung warum. Es war daher fast schon logisch, dass auch ich einmal diese berufliche Laufbahn einschlagen werde.

Wie kamst du dann doch zur Feuerwehr?

Ingenieur, genauer gesagt Elektroingenieur, zu werden, war für mich ein steiniger Weg. Mehrfach stand ich davor, das Studium abzubrechen. Doch zehn Jahre später hatte ich tatsächlich mein Diplom in der Tasche, nur leider bekam ich keinen Job. Ich schrieb damals über 60 Bewerbungen. Und dann wollte mir meine Mutter etwas Gutes tun und erzählte mir von einer Stellenanzeige der Feuerwehr Duisburg in der Zeitung. Sie meinte: „Die suchen einen wie dich!“ Sie sollte damit recht behalten.

Konntest du damals schon abschätzen, dass der Beruf nicht nur schöne Seiten hat, sondern auch körperliche wie emotionale Herausforderungen mit sich bringt?

Absolut nicht. Bei meinem ersten Telefonat mit einem der Verantwortlichen gab ich zu, dass ich keine Ahnung von der Feuerwehr hatte. Doch seine Antwort war zuversichtlich: „Das bringen wir Ihnen schon alles bei.“ Und nach einem ziemlich komplizierten Auswahlverfahren erhielt ich tatsächlich die Chance, bei der Feuerwehr anzufangen. So begann für mich nach dem Studium eine rund zweijährige Ausbildung, die im Wesentlichen technische wie taktische Aspekte und auch Sport beinhaltete. Doch das emotionale Erleben des Berufs kann man nicht aus einem Schulbuch lernen. Das geht nur live – mit allen Höhen und Tiefen.

Die Erlebnisse, die du in deinem Buch Rettungsgasse schilderst, sind vielfältig. Du schreibst über Brände, den Umgang mit psychisch kranken Personen, die Tragödie während der Loveparade in Duisburg und außergewöhnliche Tierrettungsaktionen. Gibt es auch Tage, die mal ganz ruhig verlaufen?

Ich bin dankbar für jeden Tag, der „ruhig“ verläuft. Denn wenn wir als Feuerwehr nicht ausrücken müssen, geht es dem Bürger gut. Ganz ruhig wird es bei uns aber nie, denn diese Ungewissheit – Was passiert als Nächstes? Welcher Einsatz kommt auf uns zu? – neben der täglichen Arbeit ist ein erheblicher und stets präsenter Faktor, der selbst die größte Ruhe nicht als solche erlebbar macht.

Immer wieder hört man davon, dass Rettungskräfte bei der Arbeit behindert werden. Hast du das auch schon erleben müssen?

Ja, leider! Sowohl am eigenen Leib, als auch durch Schilderungen von Kollegen. Es ist verstörend, wenn man als Helfer plötzlich zum Feind erklärt wird, wenn sich Frust, Angst und Ungeduld anderer Menschen an uns entladen, obwohl wir doch diejenigen sind, die es nicht nur gut meinen, sondern auch helfen und Leben retten wollen.

Eine Sache zieht sich wie ein roter Faden durch dein Berufsleben: der Glaube, der für dich eine Rettungsgasse ist. Hast du einen Bibelvers, der dir täglich neue Kraft gibt?

Es gibt einige Bibelverse, die für mich wie ein Anker sind. Seit dem Loveparade-Einsatz ist mir Philipper 4, 6+7 besonders wichtig: „Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren.“ Ich habe diesen Frieden, der wirklich bedeutender ist als meine Vernunft, meine Sorgen und meine Bedenken, bereits oft erlebt. Insofern, wenn mir eine Lebenssituation beruflich oder privat über den Kopf zu wachsen droht, ist es oft eben dieser Gedanke, den Paulus hier formuliert, der mich wieder auf den Boden der Tatsachen und in die Geborgenheit Gottes zurückholt. Dafür bin ich sehr dankbar.

© Gerth Medien 2019

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