2016/4 - Andi Weiss

Niemals allein

Niemals allein
In diesen Tagen fahre ich zu der Veranstaltung Songs an einem Sommerabend. Ich freue mich schon sehr auf die Begegnungen mit großartigen Musikern, einem wundervollen Publikum in einem gigantischen Ambiente. 2008 durfte ich zum ersten Mal bei den „Songs“ auftreten. Ich war tierisch aufgeregt. Immerhin ist ein Aufritt bei den „Songs“ quasi wie ein „LiedermacherRitterschlag“. Bei den Proben lernte ich Siggi von der Band Irish-Steirisch kennen. Eine lustige Band – ein lustiger, ein interessanter Kerl. Wir kamen ins Gespräch. „Weißt, ich bin ein gschlamperter Katholik“, sagte er in seinem tiefen steirischen Dialekt. Er begann zu erzählen. Von seinen Konzertreisen, von geplatzten Engagements – eben mitten aus seinem Leben. Ich glaube, Siggi spürte meine Aufregung. So erzählte er mir eine Geschichte ...

Einmal hatte er ein Konzert-Engagement in Israel. Er kam mit einer jüdischen Musikerin ins Gespräch. Sie sprachen über ihren Glauben und kamen beide zu dem Schluss, dass das Schöne an ihrem jeweiligen Glauben sei, dass man ganz persönlich mit Gott sprechen könne. „Machst du das auch? Betest du?“, fragte er seine Kollegin. Und sie erzählte ihm, dass sie jeden Morgen aufstehe und Gott frage, wie dieser Tag wohl werden würde. Siggi war erstaunt und wollte wissen, ob denn Gott dann auch antworten würde. Die Frau bejahte. „Und? Was sagt er dir dann?“ Die Musikerin gestand: „Meistens sagt er: Dieser Tag wird beschissen, aber is jo eh wuarscht, i bin jo eh bei dir!“ (Eine Übersetzung für unsere hochdeutschen Freunde: „Mein liebes Kind, dieser Tag mag möglicherweise nicht nach deinen Vorstellungen verlaufen! Aber sei getrost und unverzagt, ich werde nicht von deiner Seite weichen!“)

Beflügelt von dieser Geschichte gingen wir beide Richtung Bühne, da wir bald unsere Auftritte hatten. Dann war ich an der Reihe. Ado Schlier moderierte mich als den „singenden Diakon“ an. Als ich auf die Bühne ging, fingen die Glocken des Klosters an zu läuten. Die Leute lachten und ich wusste: ich bin nicht allein.