Gut, aber leider auch nicht darüber hinaus
Nähe zulassen, ohne zu verletzen oder verletzt zu werden, ist eine schwierige Aufgabe, da wir häufig „Stacheln“ ausfahren. Der Autor nennt dies das „Stachelschwein-Dilemma“ und erklärt anhand von Beispielen aus der Bibel oder seinem persönlichen Leben, wie zwischenmenschliche Beziehungen gelingen.
Erster Eindruck: Das Cover gefällt mir sehr gut; Titel und Untertitel sind gelungen, die geprägten Stachelschweine sind humorvoll und auffällig.
Ich habe von John Ortberg bereits zwei Bücher gelesen, nämlich „Die Tür ist offen – ergreife Gottes Chancen“ sowie „Warum eigentlich Ostern? Drei Tage, die alles veränderten“. Da mir diese beiden Bücher sehr gefallen haben, war ich auf das vorliegende Werk ziemlich gespannt. Das Buch ist in drei Teile gegliedert: 1 „Normal – so etwas gibt es nicht“, 2 „Wie man sich nahe kommt, ohne verletzt zu werden“, 3 „Das Geheimnis stabiler Beziehungen“. Hier ein paar für mich wichtige Stichworte:
- BEDEUTUNG VON BEZIEHUNGEN: Beziehungen sind wichtiger als Arbeit oder eine Diät. „Es ist besser, mit guten Freunden Chips zu futtern, als alleine Brokkoli zu essen.“ Wenn das mal nicht ein toller Ausspruch ist, weiss ich auch nicht…
- EINSAMKEIT: „Einsamkeit ist etwas, das man mit Verlierern assoziiert.“ Darüber musste ich nachdenken. Und ja, es ist etwas dran. Wenn ich höre, dass jemand Berühmtes/Erfolgreiches sagt, dass er einsam sei, frage ich mich im ersten Moment schon, wieso das so ist. Aber dann folgt gleich „wieso nicht?“ – ich kenne ihn/sie ja überhaupt nicht und kann somit seine/ihre Situation gar nicht einschätzen. Daher denke ich, dass es Einsamkeit auf allen Ebenen gibt. Der Autor schreibt „Wenn ich alleine bin, fühle ich mich einsam“. Wenn ich alleine bin, fühle ich mich zwar manchmal auch einsam, aber das ist nicht die Regel. Ich weiss, dass ich Leute um mich habe, auch wenn es wenige sind und sie gerade nicht örtlich bei mir sind.
- ALLTAGSAUTHENTIZITÄT: Ich habe verstanden, dass man nicht vorgeben soll, mehr zu sein, als man ist. Das ist ehrlich und darum mag ich es.
Es gibt einiges zum Nachdenken – das hat mir gut gefallen, ebenso die Fragen am Ende der Kapitel. Den Mix von Geschichten aus der Bibel oder aus seinem persönlichen Leben, gespickt mit Humor (ist für mich essenziell!), finde ich gut umgesetzt. Das „Stachelschwein-Dilemma“ ist aus rein bildlicher Sicht sehr gut verständlich. Aber wie soll das Vermeiden von Verletzungen effektiv im Alltag umgesetzt werden? Für mich sind da praktische Tipps zu wenig greifbar. Einige Wiederholungen haben das Buch für meinen Geschmack in die Länge gezogen (vor allem in Teil 2). Fazit: Gut, aber leider auch nicht darüber hinaus – 3 Sterne.