Mary Beth Chapman

Eine Frau zwischen Hoffnung und Verzweiflung

Bei einem tragischen Unfall kam die kleine Tochter von Mary Beth Chapman ums Leben. In der Biografie Wenn das Leben andere Blüten trägt berichtet die Ehefrau des Sängers Steven Curtis Chapman schonungslos offen über ihre persönliche Auseinandersetzung mit diesem Leid. Und ihrem Hadern mit Gott. Erfahren Sie im Interview mehr über die Hintergründe.

Eine Frau zwischen Hoffnung und Verzweiflung
Mary Beth Chapman verarbeitet in bewegenden Details den Tod ihrer fünfjährigen Tochter Maria. Im Kapitel mit der Überschrift  „21. Mai 2008“ erinnert sie sich, wie sie am Esszimmertisch saß und die Hochzeit ihrer ältesten Tochter Emily geplant hat. Sie berichtet von den dramatischen Ereignissen dieses Nachmittags: Wie ihr Sohn Will mit dem Wagen in die Einfahrt fährt und dabei seine kleine Schwester übersieht, das Chaos, die Panik, der Notruf, die Sanitäter, das Krankenhaus, die grausame Nachricht vom Tod Marias. Wie sie ihrem Mann zuflüsterte:

„Wir müssen sie loslassen, mein Schatz. Es ist in Ordnung, sie loszulassen. Es ist Zeit, sie loszulassen.“



Diese schonungslose Ehrlichkeit und Verwundbarkeit zieht sich durch die gesamte Biografie, in der Mary Beth, seit über 26 Jahren mit Steven verheiratet, aus ihrem Leben berichtet. Es geht in dieser Geschichte nicht nur um den Tod der kleinen Maria und die darauf folgende Trauerzeit der Familie. Es geht auch um die anhaltenden Kämpfe, die Mary Beth mit Gott hat – ihre nicht immer einfache Kindheit und Jugend, ihre Probleme mit Depression.

Maria war das dritte Mädchen, das die Chapmans aus China adoptiert haben: Shaohanna Hope (10) und Stevey Joy (7) sind die beiden anderen. Die leiblichen Kinder sind Emily (24), Caleb (20) und Will Franklin (19). In diesem Interview spricht Mary Beth über ihr Buch, den Trauerprozess und was sie mit „ein lebenslanges Ringen mit Gott“ meint.



Ihr Mann Steven sagte einmal, dass er als Teil seines Trauerprozesses Songs schreiben musste. Ist dies ein Buch, das Sie ebenfalls schreiben mussten?

Wahrscheinlich ja. Nachdem wir unsere Tochter verloren haben, begann ich, ein Internet-Tagebuch zu schreiben und es wurde zu einem Ort, wo ich mir meinen Schmerz von der Seele schreiben konnte. Viele Leute haben darauf geantwortet und einige Verlage schlugen mir vor, die Veröffentlichung eines Buches in Betracht zu ziehen.

Der erste Arbeitstitel war „Mary Beth gegen Gott“, anlehnend an meinen andauernden inneren Kampf mit Gott in meinem Leben – und wirklich in meinem ganzen Leben. Es geht nicht nur um den Verlust von Maria. Es geht ebenso um das Ankämpfen, das wir alle erleben, wenn wir Gott nicht als denjenigen erleben, für den wir ihn halten. Oder wenn im Leben etwas nicht so läuft, wie wir wollen.

Sie schreiben ehrlich über Ihre Kämpfe – mit Depressionen, in Ihrer Ehe.

Steven und ich machen etwas, dass wir Vorsorge-Service-Programm nennen. Nachdem wir geheiratet haben, stellten wir sehr schnell fest, wie unterschiedlich wir sind. Unsere Ehe ähnelt manchmal eher einem heiligen Schwitzkasten als einem heiligen Hafen. Und ich schreibe auch über meine Depression. Als ich das Buch fertiggeschrieben habe, war das wie eine Erlösung für mich.

Ich hatte das Gefühl, als würde Gott mir sagen: Das ist alles, was ich von dir wollte. Du hast es geschrieben, es steht nun schwarz auf weiß. Ich habe dich auf eine Reise geführt, die nicht immer einfach war, aber ich habe dir meinen Charakter offenbart. Jetzt kannst du den Schmerz loslassen. Es war ein sehr heilsamer Prozess für mich, sehr schwer, aber auch sehr gut.

Wenn das Leben andere Blüten trägt

Buch - Gebunden

Mary Beth Chapman träumte von einem ruhigen und friedvollen Leben. Stattdessen heiratete sie ...

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Sie halten nichts zurück in Ihrem Buch.

Es war nie meine Absicht, etwas zu verbergen oder Privates zurückzuhalten. Wenn ich rede, dann falle ich durchaus auf. Ich bin aus dem Mittleren Westen und wir tendieren nun einmal dazu, Dinge beim Namen zu nennen. Das tue ich nicht, um andere zu brüskieren, sondern weil ich wirklich Kämpfe mit Gott auszustehen hatte. Als ich meine Tochter verloren habe, musste ich lernen, mit meinem Zorn umzugehen.

Ich habe meine Faust gegen Gott erhoben und gesagt: Du hast mich erschaffen. Du hast den Zorn erschaffen. Ich bin hartnäckig. Ich fordere dich heraus. Und ich bin sehr wütend. Ich erwarte von dir, dass du mir einige schwierige Fragen beantwortest und mich zurückführst an den Ort, an dem ich erfahre, dass du ein guter Gott bist, auch wenn Schlimmes passiert. Aber mal ehrlich, es war eine wirklich schwierige Reise. Und sie ist es immer noch.

Erzählen Sie uns von der Zeichnung, die Maria angefertigt hat.

Unmittelbar nach dem Unfall haben wir das Haus einige Zeit gemieden. Wir flehten Gott an, sich uns zu zeigen, denn es war der dunkelste Ort, an den er uns je geführt hat. Wir hatten das Gefühl, im Schmerz zu versinken. Wir flehten: Du musst uns etwas Greifbares geben oder zeigen, damit wir wissen, dass Maria bei dir ist! Bitte, wir müssen dich in alldem sehen, bitte lass es uns sehen!

Am Tag nach dem Unfall sind einige Freunde mit uns zum Haus gekommen, um uns dabei zu unterstützen, in Marias Zimmer zu gehen und einige Dinge für die Beerdigung zu holen. Steven ging in unser Esszimmer, wo unsere zwei Jüngsten – Stevie Joy und Maria – kleine Maltische haben. Maria liebte es, Blumen zu malen. Ihre Lieblingsblume hatte immer eine orangefarbene Mitte und sechs Blütenblätter und alle Blütenblätter waren in verschiedenen Farben ausgemalt. 

Auf Marias Tisch fand Steven ein Blatt Papier mit einer unvollendeten Blüte, die sie gemalt hat – nur ein Blütenblatt war ausgemalt, in blau, ihrer Lieblingsfarbe. Auf der anderen Seite hatte sie einen kleinen orangefarbenen Schmetterling gemalt, mit dem Wort SEE (Sehen) in Großbuchstaben. Wir haben niemals zuvor gesehen, wie sie dieses Wort geschrieben hat. Als Steven das sah, dachte er: Wirklich? Machst du dich über mich lustig? Das ist unglaublich. Wir empfanden es so, also ob Maria uns zuflüsterte: Siehst du es, Papa? Es ist genauso, wie du es mir gesagt hat. Mir geht es gut. Ich bin hier. Ich habe dir dies zurückgelassen. Danach hast du doch gefragt.

Einige Tage später sagte ich zu Steven: Sie malt immer Blumen mit sechs Blütenblättern. Es ist interessant, wir haben sechs Kinder, aber sie hat nur ein Blütenblatt farbig gemalt. Es erscheint mir so, als würde Maria sagen: 

Mein Leben ist vollendet. Ich bin jetzt Zuhause. Ich bin bei Jesus. Und eines Tages kommt ihr auch, Mama und Papa. Gebt nicht auf! Ich werde euch wiederSEHEN.



Und so wurde die Blume, das Wort SEHEN, der kleine Schmetterling sehr bedeutsam für uns. Im Psalm 34,9 steht „Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist.“ Das ist für mich sehr schwierig zu bejahen, selbst zwei Jahre später. Ich würde lieber Maria auf meinem Schoß halten, als dieses Interview zu geben. Aber wir haben erlebt, dass der Herr gut ist, auch wenn schreckliche Dinge geschehen. Wir haben Gottes Güte gesehen, auch trotz des Verlustes, dass ich mein kleines Mädchen nicht mehr auf dieser Welt knuddeln kann.

Ihre Arbeit mit „Show Hope“ und besonders die Eröffnung von „Maria’s Big House of Hope“ 2009 – hat Ihnen das geholfen? Ich kann mir vorstellen, dass es hilfreich ist, sich in diese Arbeit zu stürzen, aber sicherlich ist es doch auch eine ständige Erinnerung?

Es war eine ständige Erinnerung an Maria, weil sie ein besonderes Waisenkind war (Maria wurde mit einem Herzfehler geboren, der schließlich von selbst heilte). Es ist eine ständige Erinnerung, dass sie nicht bei uns ist. Aber es erinnert uns auch daran, wer bei uns ist.

Als wir das Waisenhaus in China eröffnen wollten, ging es mir emotional nicht gerade gut. Ich saß ganz allein in einem der Räume. Ich war traurig. Ich war wütend. Ich wollte einfach nur meine Maria. Ich flehte Gott an: Bitte zeig mir irgendetwas. Kann ich sie nicht für eine Minute sehen? Kannst du mir zeigen, ob sie glücklich ist? Ich weiß, dass sie es ist. Aber kann ich sie sehen? Und als ich dort schluchzend saß, hörte ich die Babys im Waisenhaus und einige ältere Kinder, die auf Chinesisch plapperten und auch die chinesischen Erzieherinnen und der ganze Tumult in der Wäscherei und der Küche und alles, was gerade los war. In diesem Moment war es, als würde Gott mir zuflüstern:

Du weißt, dass du sie nicht wiedersehen wirst, bis du bei ihr im Himmel bist. Aber an diesem Ort kannst du sie erahnen. Und du siehst sie durch die Arbeit, die hier in ihrem Namen getan wird.



Das ist nicht die Art von Antwort, die ich mag. Ich dachte: Oh wirklich? Kann ich nicht lieber ein Bild von ihr sehen? Ich würde gerne sehen, wie sie auf einer Schaukel sitzt oder so etwas. Aber ich habe Gott an diesem Ort getroffen. Ich ging dort mit dem Gedanken raus: Das hier ist sehr schwer für mich und ich mag es nicht, wenn es schwer wird. Aber wir werden das Erlebte annehmen und das Beste daraus machen. Wir werden so vielen Menschen wie möglich von Maria erzählen. Und wir werden erzählen, dass Jesus uns nahe ist, wenn wir durch wirklich furchtbare Zeiten gehen müssen.

© 2010, Mark Moring für Christianity Today. Auszüge des Interviews übersetzt mit freundlicher Genehmigung.

Leseprobe: Wenn das Leben andere Blüten trägt