„Allee der Kosmonauten“-Frontmann

Mischa Marins Album „Die Mehrzahl von Glück“

Sie sind deutschsprachig, haben Melodien, die im Ohr bleiben und atmen Freiheit. Wieder andere tun einfach nur gut: Die Songs von Mischa Marin überzeugen durch ihre Vielschichtigkeit. Im Interview erzählt der Künstler, warum es gut ist, das Richtige zu tun und warum er auch gerne Sperrmüllsammler wäre.

Mischa Marins Album „Die Mehrzahl von Glück“
Auf Glückssuche: Mischa Marin
Bekannt wurde er als Frontmann von „Allee der Kosmonauten“. Heute ist er als Solokünstler unterwegs. Mit poetisch-nachdenklichen Texten will Mischa Marin mal unterhalten – mal wachrütteln. Im Interview erzählt er über die Geschichten zu seinen neuen Songs, über moderne Lebenslügen und was Sperrmüll und Glücksmomente gemeinsam haben.

Dein Debüt-Album als Solokünstler ist gerade fertig geworden. Wie fühlst du dich?

Glücklich! Was sonst (lacht). Nicht umsonst heißt die CD „Die Mehrzahl von Glück“. Damit möchte ich gerne etwas von dem teilen, was ich erlebt habe. Die letzten Jahre waren die bewegtesten in meinem bisherigen Leben. Mit den tiefsten Tiefen und den höchsten Höhen. Die Songs, die in diesen Zeiten entstanden sind, sind auf dem Album. Mein Wunsch ist, dass die Lieder ein Mut machendes Zeugnis sind.

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Als Sänger von „Allee der Kosmonauten“ wurdest du vor allem in der christlichen Musikszene bekannt. Davor gab es noch eine andere Musik-Geschichte in deinem Leben. Wann und warum wurden deine Songs auf einmal „fromm“?

Worauf man halt gerne angesprochen wird: „Wie war das, als ihr mit Herbert Grönemeyer eine CD gemacht habt?“ „Wie war das mit all den bekannten Leuten bei ‚Zeichen der Zeit‘ oder beim ‚Grand Prix Vorentscheid‘?“ Das sind die äußeren „Meilensteine“. Mancher Gig in einer Turnhalle, manches Gespräch in einem Gemeindekeller haben vielleicht mehr Auswirkung auf mein Leben gehabt. Deswegen erzähle ich auf meinem Album jetzt eher von diesen vermeintlich kleinen Dingen. Meine Songs haben sich in einem Punkt eigentlich nie verändert: Ich habe schon immer versucht, ehrlich zu sein in dem, was ich singe. Als ich Christ wurde, sah ich keinen Grund, das zu verstecken.

Deine Art Gefühle, Stimmungen und Geschichten in Worte zu packen ist besonders. Wie kommst Du nur auf diese tollen Formulierungen?

Nun, „toll“ sind sie vielleicht manchmal am Ende. Aber es steckt jede Menge „trial and error“ dahinter. Als Kind hatte ich mal einen Traum. Da gelang es mir, ein Monster zu bezwingen, indem ich seine Sprache sprach. Ich glaube, damit hat es was zu tun. Mit dem Wunsch, die Sprache der Dinge im Guten wie im Bösen heraus zu bekommen und ihr Wesen zu verstehen. Manche Songs „erzählen“ sich ganz von selbst, wenn man nur genau hinsieht.

Ein paar Sätze zu „Ich komm zu dir“.

Ich hatte vor etwas mehr als einem Jahr einen kompletten körperlichen Breakdown, wo nichts mehr ging und ich auch nicht wusste, wie es weiter gehen wird. Den Song habe ich damals „geschrieben“ – das heißt, eher gesungen. Der Chorus ist für mich ein Gebet. Beim Singen fand ich Trost.

„Nichts ist stärker als du“: Gibt es ein konkretes Erlebnis dazu? Du bringst den Inhalt des Liedes sehr glaubhaft rüber ...

Es gibt Situationen und Krisen im Leben, die alles aus den Angeln heben können, woran man sich in dieser Welt festhalten möchte. Aber zu wissen – auch wenn scheinbar alles zusammen bricht – da gibt es jemanden, der stärker ist als 1.000 Teufel. Das wollte ich einfach laut raus singen. Und ich habe meine Freude darüber bekundet.

Es gibt keine Freiheit ohne Entscheidung.



Dein Song „tun und lassen“ nimmt ja den Zeitgeist etwas auf‘s Korn ...

Die Postmoderne ist ja mittlerweile in aller Munde. Aber die Postmoderne als Lebenskonzept birgt auch einige Tücken. Bevor ich Christ wurde, habe ich mir „anything goes“ – also, „mach, was dir gefällt“ zum Lebensmotto gemacht. Leider habe ich viele Jahre gebraucht, um festzustellen, dass ein Vogel nicht erst in Dieselöl baden muss, um die „tolle“ Erfahrung zu machen, dass es die Flügel verklebt. Ich denke, es gibt keine Freiheit ohne Entscheidung.

Erzähl doch bitte kurz was zum Sound auf deinem Album.

Ich glaube, wer mich von „ADK“ kennt, wird mich auch wieder erkennen. Aber der Sound ist trotzdem neu. Mehr Retro-Pop und mehr Klavier. Ich liebe leichte und dabei eigenwillige und markante Melodien und so manchen intelligenten Piano-Songwriter der 70er Jahre habe ich für mich ganz neu entdeckt. Aber auch eine gute Portion 80er Jahre Rock-Pop ist drin – so wie damals als die Songs und die Typen noch Ecken und Kanten hatten. Aber wie der Sound jetzt klingt, daran haben natürlich nicht zuletzt die tollen Musiker, Techniker, Mischer und Manuel Steinhoff als Produzent einen wesentlichen Anteil. Außerdem gibt es ein paar „Specials“: Wir haben echte Streicher aus den USA drauf, ein Bremer Gospelchor hat recht spontan „Farbe“  beigesteuert und sogar eine echte Cheerleader-Truppe konnten wir für einen Song gewinnen. Für das Outro von „Nichts ist stärker“ haben wir von Freunden und Bekannten aus aller Welt Audioschnippsel gesammelt. Beim Durchhören bekam ich Gänsehaut.

Wenn du nicht Musik machst oder Lieder schreibst. Was machst du am liebsten?

Ich verbringe möglichst viel Zeit mit meiner Familie. Wir gehen fast bei jedem Wetter raus und haben jede Menge Spaß miteinander. Das ist nicht immer „unanstrengend“, aber es gibt mir immer viel mehr Kraft zurück als es Kraft kostet. Ich genieße die Zeiten in der Natur. Ich beschäftige mich auch gerne mit einem bestimmten Thema, recherchiere und lese. Neulich standen wir vor einem Gedenkstein und wir fragten uns, wer diese Leute wohl waren, die die Siedlung gegründet haben, in der wir wohnen. Es ist fast egal, wo man anfängt: Man stößt immer wieder auf spannende Menschen und Erkenntnisse. Es gibt so viel zu entdecken …

„Wenn du nicht Musiker geworden wärst, wärst du ...“

Ganz ehrlich: Zum Leidwesen meiner Frau kann ich an keinem Sperrmüll vorbei. Also wäre ich… Sperrmüllsammler – oder ich würde zu Fuß um die Welt wandern, oder ich wäre Landwirt. Ich finde, viel Unzufriedenheit in unserer Gesellschaft kommt daher, dass wir so viele Tätigkeiten verrichten, die so weit weg sind von unseren echten Bedürfnissen. Diese Art „indirekt zu leben“,  geben wir an unsere Kinder weiter. Statt die Zeit damit zu verbringen, möglichst viel Geld zu verdienen, um alles kaufen zu können, sollten wir viel mehr Dinge mit Liebe selbst tun. Du siehst, ich habe ein gespaltenes Verhältnis zu unserer Konsum- und Kommerzgesellschaft.

Wenn du einen Tag lang mit jemandem tauschen könntest, wärst du ...

Der Protagonist von „Zurück in die Zukunft“ und würde Menschen erleben, die ich leider verpasst habe.

Es liegt eine klare Verheißg darauf, wenn man das Richtige tut.



Deine Songs „Die Mehrzahl von Glück“ & „Wenn nicht wir“ ermutigen dazu, aktiv zu werden, für das Gute einzustehen. Glaubst du, es macht glücklich, das Richtige zu tun?

Es macht nicht nur glücklich, es liegt sogar eine klare Verheißung darauf: Psalm 41 verspricht dem, der sich des Dürftigen annimmt, dass er ihm beistehen und ihn vor Krankheit erretten wird. Und wer wünscht sich das nicht?

Was wünschst du dir für deine neuen Songs?

Dass sie Herzen erreichen. Ich habe ja die Songs nicht geschrieben, um etwas besonders Schlaues von mir zu geben. Im Grunde ist es immer eine Suche nach Menschen auf einer ähnlichen Wellenlänge.
Super wäre es auch, wenn die Songs anderen Christen Mut machen, ihr Christsein authentisch zu leben. Nicht weil sie ein perfektes Vorbild zeigen, sondern wie ich hoffe, einen ganz „normalen unnormalen“ Menschen und Christ in dieser Zeit.

Die Mehrzahl von Glück

Leidenschaftliche Songs über die Sehnsucht nach Leben.Das Debüt-Album vom Frontmann der "Allee ...

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Können wir dich live hören?

Ja, klar. Wir sind gerade dabei, die Mixe abzuschließen. Dann geht‘s auch schon bald wieder in den Proberaum. Ich freue mich darauf, das neue Live-Programm mit der Band zu erarbeiten. Vom Sound über den Look der Bühne usw. wird das bestimmt ein großer Spaß. Eine Reihe Konzerte sind auch schon in Planung, z. B. beim Hessentag 2012 in Wetzlar. Booking-Anfragen werden gerne über meine Kontaktseite beantwortet.

Gibt es sonst etwas, was du loswerden möchtest?

Es gab ja kaum ein Festival oder eine Turnhalle dieser Republik, die wir mit „ADK“ nicht gespielt hätten. Ich freue mich ungemein darauf, alte Freunde und Bekannte wieder zu sehen. Es gibt ja sicher nicht nur von meiner Seite aus, viel zu erzählen ...