Heutzutage kennen viele Christen die Bibel nicht sehr gut. Woran liegt das?
Es stimmt: Heute herrscht ein weitverbreiteter biblischer „Analphabetismus“. Das ist sehr seltsam, besonders, wenn man an die akribische Arbeit denkt, mit der Luther, Wycliff und andere uns die Bibel während der ersten Reformation nahebrachten. Wo sind wir heute – nur vierhundert Jahre später – bloß gelandet?
Obwohl eine durchschnittliche Familie in der westlichen Welt vier Bibeln besitzt, liest fast die Hälfte nie darin! Im 16. und 17. Jahrhundert war das Problem der Analphabetismus: Die Menschen konnten nicht lesen und besaßen schlicht keine Bibel. Heute ist das Gegenteil der Fall. Die meisten Menschen in der westlichen Welt können lesen und besitzen sogar mehrere Bibeln. Dennoch kennen sie den Inhalt der Bibel oftmals genauso wenig wie die Menschen damals. Wir brauchen eine neue Reformation!
Offenbar erkennen die meisten also einfach nicht, dass in der Bibel eine große zusammenhängende Geschichte steckt.
Absolut. Die Geschichte ist im Grunde mein Kommentar der Bibel, in dem ich versuche, die Aspekte der individuellen Geschichten zu einer großen Geschichte zu verbinden. Die Bibel sollte wie die Deckenmalereien in der Sixtinischen Kapelle betrachtet werden: als Ganzes. Alle Personen kommen darin zusammen, um eine umfassende Geschichte zu erzählen.
Wir haben unseren Gemeindemitgliedern Teile des Evangeliums vorgestellt. Die meisten Gläubigen können aber den chronologischen Zusammenhang der Geschichte nicht nacherzählen. Und weil sie das nicht können, verstehen sie auch nicht, warum die 39 Bücher des Alten Testaments eine wunderschöne Geschichte darüber erzählen, wie Gottes Liebe uns nachgeht und uns schon einen Blick auf Jesu Kommen in die Welt erhaschen lässt. Sie erfassen den unglaublichen Aufwand und die Liebe nicht, mit der Gott vorgeht, um die Menschen zu retten.
Sie sprechen von einer kleineren und einer größeren Geschichte. Erklären Sie uns bitte, was das bedeutet.
Das ist eines der wichtigsten Ziele, die hinter Die Geschichte stecken. Im Grunde soll es dem Leser zeigen, dass in der Bibel zu allen Zeiten zwei Geschichten gleichzeitig ablaufen. Die kleinere Geschichte entfaltet sich auf Augenhöhe der Menschen und führt in Verbindung mit der größeren Geschichte zur Erfüllung von Gottes Plan.
Kain und Abel sind ein gutes Beispiel dafür. Adam und Eva waren gerade aus dem Garten Eden vertrieben worden, da brachte Kain ein Opfer dar, das Gott missfiel. Abels Opfer hingegen gefiel ihm. Darauf hin tötete Kain seinen Bruder aus Eifersucht. Das ist die kleinere Geschichte. Wir könnten die Geschichte als komplett schiefgegangene und außer Kontrolle geratene Bruderrivalität schildern. Wir könnten lehren, dass wir unsere Mitmenschen gut behandeln und uns am Erfolg anderer freuen sollen. In der größeren Geschichte zeigt Gott uns allerdings, dass das, was Adam und Eva im Garten Eden erlebten, sich auch auf ihre Nachkommen übertrug.
Wir sind die Nachkommen Adams. Die Sünde, die Adam und Eva aus dem Garten führte, ist uns bei unserer Geburt aufgeladen worden. Die Geschichte von Kain und Abel ist ein Beispiel dafür, dass zwei Geschichten zur gleichen Zeit geschehen, nur auf unterschiedlichen Ebenen.
In "Die Geschichte“ erzählen wir nicht nur die kleinere Geschichte, sondern wir versuchen auch, dem Leser zu zeigen, wie sich die kleinere in Gottes größere Geschichte einfügt. Es geht um seine komplette Geschichte, um seinen vollständigen, großartigen Plan, uns zu sich zurückzuholen.
© 2012, Michael Duduit für preaching.com
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