Samuel Harfst

Nicht alles Gold hat geglänzt

„Schritt zurück“ ist ein Zurückerinnern an das, was Samuel und seine Band dazu brachte, Sicherheiten aufzugeben und in eine ungewisse Zukunft zu marschieren: ihre Liebe zur Musik und zu ihrem Erfinder! Warmer Sound, tiefsinnige Texte, die zeigen, dass zuweilen ein Schritt zurück Bewegung nach vorne ist.

Nicht alles Gold hat geglänzt
Foto (c) Samuel Harfst
Als Straßenmusiker hat eure Karriere begonnen. Kann man heute auch noch in den Genuss eines eurer Straßenkonzerte kommen?

Ja klar, damit hat ja alles begonnen und ich will mich nicht davon verabschieden. Schon bevor ich mein erstes Konzert mit einer Band gespielt habe, stand ich mit meiner Geige in Darmstadt auf der Straße und habe mir einen Hamster erspielt. Als mir in Australien das Geld ausging, fing ich wieder damit an und habe so, ohne es damals zu wissen, den Grundstein für das gelegt, was aus Samuel Harfst wurde. Zurück in Deutschland, haben wir auch hier Straßenkonzerte gegeben. Wir kommen heute nicht mehr so oft dazu, weil neben den ganzen Konzerten nicht mehr so viel Zeit dafür bleibt. Aber wenn Zeit ist und es sich anbietet, machen wir das immer gerne. Man erlebt dort den Querschnitt der Gesellschaft. Ich glaube, ein repräsentativeres Publikum kann man kaum haben als auf der Straße. Man erfährt auch sehr schnell, ob ein Lied gut ist oder nicht. Die Leute bleiben ja nicht sitzen weil sie bezahlt haben – sobald es ihnen langweilig wird gehen sie wieder.

Welche Lieder schaffen es dann auf eure Alben? Nur die Songs, auf die das Straßen-Publikum positiv reagiert?

Nein, das nicht unbedingt. Auch wenn das natürlich ein Kriterium ist. Aber zu einem guten Album gehört ja mehr als nur gute Lieder. Die richtige Reihenfolge, der rote Faden, Abwechslung ect., das spielt alles auch eine entscheidende Rolle. Manchmal trennt man sich von einem schönen Lied zu Gunsten des gesamten Albums.

Schritt zurück

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"Manchmal muss man sich eingestehen, dass man in den Anfängen instinktiv eine Menge richtig gemacht hat und mit der ...

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Wird nicht mehr geführt

Euer neues Album heißt „Schritt zurück“. Wie kam es zu diesem Titel?


Wir haben gemerkt, dass wir in den Anfängen instinktiv eine Menge richtig gemacht haben und im Laufe der Jahre nicht nur gelernt, sondern auch verlernt haben. „Schritt zurück“ ist ein Zurückbesinnen auf das, was uns als Band eigentlich dazu gebracht hat, unser Studium abzubrechen, Sicherheiten aufzugeben und in eine ungewisse Zukunft zu marschieren: Die Liebe zur Musik und zu ihrer Quelle! Wir haben  dann einfach wieder Musik gemacht und nebenbei den Aufnahmeknopf betätigt. Ehrlichkeit und Intimität hatten dabei für uns höchste Priorität.

Warum oder wann sollte man im Leben einen Schritt zurückgehen?

Ein paar Zeilen aus dem Lied Schritt zurück bringen das für mich genau zum Ausdruck. „Weil ich nicht weiter in diese Richtung will und nicht stehen bleiben kann, wo ich bin, links und rechts keine Lösung ist, mach ich ’nen Schritt zurück.“ Wenn man merkt, dass man am Ende einer Sackgasse vor einer Mauer steht, kann man entweder versuchen, sich durch Mauern zu boxen oder einfach umdrehen. Als Band haben wir immer die Erfahrung gemacht, dass sich auf den richtigen Wegen auch die richtigen Türen öffnen. Also haben wir mal kurz Halt gemacht und uns neu orientiert.

Wir haben mit dem Album nach den Sternen gegriffen und hoffen, dass es die ganze Nation bewegt.



Was erwartet die Hörer auf der musikalischen Reise mit euren neuen Liedern? Welche Geschichten erzählt ihr diesmal?

Natürlich wieder ganz neue Geschichten. Ich bin ein bisschen mutiger geworden mit den Liedern, die ich veröffentliche. Es werden einige Seiten gezeigt, die ich bis jetzt noch nicht so rausgelassen habe. Wir wollten ein ganz ehrliches, repräsentatives Album machen. Und damit auch viele Geschichten aus den letzten Jahren aufgreifen, die noch nicht erzählt wurden, die aber wichtig sind, um zu verstehen, wie wir als Band und ich als Liederschreiber hier gelandet sind. Der Untertitel des Albums „Nicht alles Gold hat geglänzt“ bringt nochmal einen wichtigen Aspekt mit hinein. Man hat oft Sachen von größtem Wert in seinem Leben und merkt es nicht. Es gibt Dinge, die glänzen und doch kein Gold sind. Genauso gibt es umgekehrt Dinge im Leben, die Gold sind aber ganz unscheinbar wirken. Die größten Schätze lagen ja schon oft vergraben an einer Stelle, wo sie niemand vermutet hätte. Die eigenen Wurzeln können so vertraut werden, dass man leicht vergessen kann, wie viel man ihnen verdankt. Für mich ist das zum einen die großartige Nation, in der ich großgeworden bin und zum anderen die Gemeinde. Für beides bin ich sehr dankbar und kann in der Retro-Perspektive sehen, wie es mich geprägt hat. „Schritt zurück“ ist ein Zurückbesinnen auf diese Goldstücke des Lebens.



Gibt es ein Lied, das dich so bewegt, dass du es kaum erwarten kannst, es jetzt endlich der Welt zu präsentieren?

Natürlich hat man immer ein paar Lieder, die einem besonders am Herzen liegen. Bei diesem Album jedoch freue ich mich besonders auf das ganze Werk als Einheit. Ich kann ehrlich sagen, dass nicht ein einziges Lied einfach so seinen Platz auf dem Album eingenommen hat. Wir haben ganz im Gegenteil noch einige andere Lieder, die bereits komplett aufgenommen und gemischt waren, nur weggelassen, weil eben diese  Lieder, die jetzt das Album ausmachen, uns am meisten bewegt haben. Zum Teil sind Seiten von uns zu hören, die uns vor der Produktion selber noch nicht einmal bekannt waren. Gerade unsere Freunde waren zum Teil erstaunt, wie ehrlich viele der Lieder sind. Manchmal musste ich selber ein bisschen mit mir kämpfen, die Lieder dem Team vorzuspielen und vor allem jetzt einfach zu veröffentlichen. Aber an dem Tag, an dem ich nicht mehr über das singe, was mich bewegt, sollte ich einfach schweigen. Wenn ich mich schon entscheide, ein Album unter meinem Namen zu veröffentlichen, dann so ehrlich wie ich irgendwie kann.

Wie habt ihr die letzten Jahre mit all euren Erfolgen – Plattenvertrag bei einem Major-Label, Konzerte mit Whitney Houston und Marit Larsen, Weltrekord für das längste Straßenkonzert der Welt usw. – erlebt?

Das war aufregend. Gerade mit Whitney Houston wusste ich sofort, dass es eine enorme Ehre ist, mit einer solchen Persönlichkeit in einem Satz genannt zu werden. Wir haben jedoch viele Konzerte gespielt, bei denen nicht zehntausend Leute anwesend waren, die mir zum Teil viel stärker in Erinnerung geblieben sind. In der Zeit waren wir so viel unterwegs, dass ich manchmal morgens aufgewacht bin und keine Ahnung hatte, in welcher Stadt ich gerade war, weil ich im Halbschlaf in ein Hotel eincheckte und nicht mehr wusste wie lange wir am Abend davor noch vom letzten Konzert gefahren waren. Zum Glück hatte ich ein paar wirklich gute Freunde, die schon lange vor mir gesehen haben, dass unter zu viel Output meistens der Input leidet. Das letzte Jahr war für mich wieder sehr viel intensiver, weil ich wieder mehr Zeit hatte, Erlebtes zu verarbeiten. Ich hab es mir auch mal erlaubt, mich wieder den tiefen Fragen zu widmen. Das braucht auch Zeit und kann dazu führen, dass man erst mal durch eine Phase des Zerbruchs geht, wenn die Gedankenkomplexe zerfallen. Das Buch Prediger der Bibel sagt ja, dass es eine Zeit für alles gibt: Eine Zeit zum Aufbauen und zum Niederreißen, zum Sähen und zum Ernten ... Für mich war es dran, ein paar baufällige Gewohnheiten und marode Ideen einzureißen, um Platz für Neues zu schaffen. Das soll nicht heißen, dass die letzten Jahre vergebens waren oder nicht ihre Berechtigung gehabt hätten, aber wer auf dem Weg bleibt, ist ständig unterwegs. Für uns war es jetzt an der Zeit, weiter zu gehen und in diesem Fall hat es zurückgeführt. „Ist schon okay, tut endlich wieder weh, weinen wieder wunderbar, Leben so wundersam, Aufbruch und Untergang...“* Jeden Tag, Schritt für Schritt.

Wenn ich mich schon entscheide, ein Album unter meinem Namen zu veröffentlichen, dann so ehrlich wie ich irgendwie kann.



Welchen Wunsch wollt ihr eurem neuen Album mitgeben?

Das Album ist auf der Reise entstanden und wird jeden, der sich darauf einlässt, auf seiner eigenen Reise begleiten. An Musik fasziniert mich besonders, dass sie die Hörer wie nichts anderes an den Entstehungsort mitnehmen kann. Dort können sie dann ihre ganz eigenen Geschichten erleben. Wenn viele sich mitreißen lassen, wäre uns das eine riesen Ehre. Wir haben mit dem Album nach den Sternen gegriffen und hoffen, dass es die ganze Nation bewegt. In welchem Tempo und über wie viele Ecken wird die Zeit zeigen.



Zur CD „Schritt zurück“ mit Hörbeispielen


*Auszug aus dem Lied Schritt zurück.