Jürgen Mette

Gnadenzeit

Geht das überhaupt: ein Verbrechen in frommen Kreisen? Und ob! Jürgen Mette zeichnet ein gar nicht mal so abwegiges Bild davon, was überzogener Glaubenseifer anrichten kann. Und das auch noch mitten im schönen Allgäu. Wir haben ihm ein paar Fragen zu seinem Kriminalroman Gnadenzeit gestellt.

Gnadenzeit
Jürgen Mette


Lieber Herr Mette, mit Ihrer Biografie Alles außer Mikado haben Sie uns einen Einblick in Ihr Leben gewährt. Jetzt folgt ein Roman. Ein Kriminalroman. Also ein komplett anderes Genre. Warum wird man vom Autobiografen zum Krimi-Autor?


Alles außer Mikado war ja vor allen Dingen eine Auseinandersetzung mit meiner Parkinsonerkrankung. Danach habe ich mich sehr mit der Theodizee-Frage beschäftigt, also konkret mit der Frage, warum gerade ich an dieser Erkrankung leiden muss und wie die Erfahrung dieser Krankheit mein theologisches Denken verändert hat. Das Manuskript war nahezu fertig, aber am Ende habe ich mich dennoch entschlossen – auch durch Gespräche mit meinen engsten Beratern –, dieses Manuskript jetzt noch nicht freizugeben. Vielleicht erscheint es eines Tages als Buch, vielleicht auch nicht.

Da ich durch Parkinson bedingt sehr stark an Schlafstörungen leide, habe ich oft in den frühen Morgenstunden eine derartige Kreativität zu schreiben, dass in diesen schöpferischen Zeiten ganz schnell die Idee entstand, Themen, die mir zurzeit sehr am Herzen liegen, in die Rahmenhandlung eines Kriminalromans zu verpacken. Es gibt sicher spannendere Krimis, aber mir ging es nicht nur um einen Versuch im Genre des Kriminalromans, sondern um eine Botschaft. Diese Botschaft ist ernst und macht darum vielleicht diesen Krimi zu etwas Besonderem. Die dramatische Geschichte eines jungen Menschen auf der Suche nach theologischer Orientierung. Dabei weiß ich nicht, ob ich das Genre Kriminalroman wirklich beherrsche. Aber von der Wichtigkeit der geistlichen Orientierung hinter der kriminellen Story bin ich fest überzeugt. Um diese Botschaft geht es mir eigentlich. So ist ein theologischer Krimi daraus geworden, der durch viele Irrungen und Wirrungen den Weg zu einem befreiten Christsein zeigt.

Gnade ist das Größte, das Beste und das Sicherste, was mein Leben so wertvoll macht.



Es ist eine fiktive Geschichte über die unguten Auswüchse, die auch in christlichen Gemeinden entstehen können, wenn Macht missbraucht und Druck ausgeübt wird. Wieso brannte Ihnen dieses Thema unter den Nägeln?

Es ist in der Tat eine fiktive Geschichte, die aber durch viele real erfahrene Schicksale eine literarische Gestalt gewonnen hat. Ich habe – was ja an sich erfreulich ist – also eine ganze Reihe konkreter Beispiele vor Augen, die mich zu dieser Geschichte animiert haben. Christliche Gruppierungen, die mit besonderem Ernst und mit einer gewissen Radikalität ihren Glauben leben wollen, geraten schnell in eine riskante Grauzone, in der die Übergänge zum geistigen und geistlichen Missbrauch fließend sind. Typische Kennzeichen für solch eine Entwicklung sind die Neigung zur Separation, die Verweigerung der Gemeinschaft mit anderen Kirchen und Freikirchen und die Einforderung des unbedingten Gehorsams gegenüber einsamen geistlichen Leitern, die keine Korrektur über sich dulden.

Gnadenzeit

Buch - Klappenbroschur

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Wird heute der Christenheit nicht eher vorgeworfen, dass sie lau ist und dass die Worte der Bibel nicht mehr an erster Stelle stehen? Welche Erlebnisse haben Sie in den letzten Jahren gesammelt?


Das ist kein typisches Phänomen unserer Zeit. So kann man nicht irgendwelche Gemeindebünde oder Kirchen für geistlich tot erklären und andere dafür für lebendig. Der Riss geht mitten durch die Gemeinden hindurch: Da sind hochmotivierte und geistlich gesinnte Menschen fröhlich an der Arbeit, und auf der anderen Seite sind Menschen in einer lauen und müden Phase der Lethargie und des Fixiertseins auf den Weltuntergang. Die Gruppe, in der die Hauptdarstellerin des Romans geprägt wurde, in der sie gelitten hat und gegen die sie schließlich aufsteht, zeichnet sich durch eine prinzipielle Theologieskepsis und einen Kulturpessimismus aus, der überall die Endzeit hereinbrechen sieht. Beides sind Indizien für ein Klima, in dem sektiererische Strukturen gedeihen können.

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist das Allgäu bzw. die Vorderpfalz. Was fasziniert Sie an dieser Ecke Deutschlands? Waren Sie schon häufig dort?

In den letzten 30 Jahren bin ich jedes Jahr mindestens zweimal in Oberstdorf im Oberallgäu gewesen, entweder zum Urlaub mit der Familie oder zu Vorträgen in zwei christlichen Gästehäusern. Als unsere Söhne noch klein waren, habe ich ihnen abends eine endlose Gutenachtgeschichte erzählt. Und die handelte von einem kleinen Hirtenjungen im Oytal. Irgendwann fragten meine Söhne nach dem Manuskript dieser Geschichte, denn sie wollten ihren eigenen Kindern jetzt diese Geschichte aus ihrer Kindheit erzählen. Ich hatte mir natürlich keine Aufzeichnungen gemacht und kein Tonband mitlaufen lassen, sodass ich den Wunsch meiner Söhne nicht erfüllen konnte. Aber meine Fantasie war so angeregt, dass von vornherein klar war, die kriminelle Story im Oytal in Oberstdorf stattfinden zu lassen.

Dass die geistliche und theologische Auseinandersetzung dieser Geschichte in der Vorderpfalz stattfindet, hat nichts mit konkreten Gemeinden dort zu tun, sondern es ist vielmehr eine Liebeserklärung an die Region Neustadt an der Weinstraße, in der ich meine ersten fünf Dienstjahre als Jugendpastor zugebracht habe. Ich musste also gar nicht viel recherchieren, sondern einfach nur in meiner Erinnerung kramen. Das gilt im Übrigen auch für die Szenen, die in Chicago spielen; auch dort habe ich vor vielen Jahren einmal gewohnt. Dass ich den Ort Haßloch gewählt habe, hat einen einfachen Grund: Ich kenne den Ort gut und er ist so typisch für die Vorderpfalz. Und der Ortsname – die Haßlocher Freunde mögen mir das verzeihen – klingt auch ein bisschen  angsteinflößender als Seligenstadt oder Friedensdorf. Den Haßlochern fällt das gar nicht mehr auf, aber wer den Ortsnamen zum ersten Mal hört, der – na ja, Sie wissen schon.

Eine Frage zum Schluss. Der Titel des Buches ist Gnadenzeit. Was bedeutet Gnade für Sie?

Gnade ist das Größte, das Beste und das Sicherste, was mein Leben so wertvoll macht. An Jesus Christus zu glauben und mit ihm zu leben heißt, jetzt schon zu wissen, dass ich für Zeit und Ewigkeit unter der Amnestie Gottes stehe und nicht unter einem Strafgericht. Das Thema Gnade zieht sich durch den ganzen Roman wie ein roter Faden, an den der Leser immer wieder zurückgeführt wird und an dem er sich orientieren kann.

© Gerth Medien 2015

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